Der Perfektionismus
Es klingt vielleicht wie in einem Märchen: der perfekte Prinz kommt zum perfekten Zeitpunkt in unser perfektes Leben, um uns auf eine perfekte Art und Weise zu erobert. Oder der perfekte Job klopft an die Haustür und sagt: „Hier bin ich! Nimm mich!“
Was bedeutet Perfektion?
Im ersten Augenblick hört sich das sicher toll an. Wir sollten jedoch genau darüber nachdenken. Was bedeutet Perfektion eigentlich? Genau: alles ist zu jeder Zeit richtig. Doch wer definiert, was perfekt und richtig ist?
Für den einen ist es perfekt, wenn die Sonne scheint und es 25 Grad warm ist. Für jemand anderen ist es zu warm, denn er empfindet 23 Grad als genau richtig. Der eine sagt, es ist perfekt, wenn jeden Tag Staub gewischt wird, jemand anderem genügt da einmal die Woche. Wer hat nun recht?
Es gibt kein richtig oder falsch
Und damit auch keine Perfektion. Anders ausgedrückt: Es ist alles eben so perfekt, wie man es selbst definiert. Im Umkehrschluss bedeutet das also, dass es an uns selbst liegt. Wir selbst legen für uns Werte fest und laden uns somit den selbst definierten Perfektionismus auf. Die Gründe dafür liegen oft in der Kindheit, der Erziehung, unseren Vorbildern und deren Umgang mit Perfektionismus, und unser Umfeld.
Perfektionistische Menschen haben in der Regel Angst davor, Fehler zu machen. Denn für Fehler wird man oft kritisiert und steht vermeintlich „doof da“. Damit setzen Sie sich jedoch selbst unter Druck und lösen damit zunehmend immer mehr Stress bei sich selbst aus. Denn der Druck bedeutet mehr Arbeit. Damit geht „weniger Zeit für sich haben“ einher. Wer weniger Zeit für sich hat, verliert die Balance von Anspannung und Entspannung in seinem Leben. Und das verstärkt wiederum den Druck, weil im Endeffekt immer weniger Zeit bleibt, um alles nach den eigenen Ansprüchen zufriedenstellend zu erledigen.
Beispiele:
- Ich muss heute unbedingt putzen, wenn spontan Besuch kommt, was soll man von mir denken?
- Ich kann nur geschminkt aus dem Haus, was soll sonst mein Traummann denken, wenn wir uns zufällig begegnen und ich nicht gestylt bin?
- Ich muss alles selbst machen, sonst wird es nicht richtig gemacht.
Oftmals sind die perfektionistischen Denkweisen auch an alte Glaubenssätze geknüpft.
Alles hat zwei Seiten
Wie bei allem gibt es Vor- und Nachteile, die man beleuchten kann. Denn es gibt sicher auch Vorteile, die der Perfektionismus mit sich bringt. Jemand, der als Buchhalter arbeitet und sich um Bilanzen kümmert, sollte im Job nach Perfektionismus streben. Bilanzen müssen korrekt sein, sonst kann das schwerwiegende Folgen haben. Vielleicht überträgt dieser Mensch seinen im Job angebrachten Perfektionismus auch auf sein Privatleben: alles hat seinen Platz und benötigt eine gut durchdachte Struktur. Vielleicht ist dieser Mensch in seinem Privatleben aber auch völlig anders, eher chaotisch fliegen die Klamotten daheim von einem Sessel auf den nächstbesten Stuhl.
Auch die Nachteile sollte Beachtung finden: Wer stets und ständig nach Perfektion strebt, lebt in dauerhaftem Druck, seine Erwartungen oder die (gedachten) Erwartungen anderer zu erfüllen. Das kann gefährliche Auswirkungen auf das Leben haben. Wer unter andauerndem Druck und Anspannung steht, wird früher oder später nicht mehr in der Lage sein, innere Ruhe und Entspannung erleben zu können. Zudem können nach einer gewissen Zeit noch Angstzustände kommen, weil der Perfektionist das Gefühl hat, nicht mehr gut genug zu sein, nicht so gut zu sein, wie andere, nicht so viel zu schaffen wie andere und sich bei Fehlern sehr hart selbst verurteilt.
Daher ist für mich auch hier die Balance wichtig: Es ist völlig in Ordnung, nach einer gewissen für sich definierten Perfektion zu streben, denn das kann uns anspornen, besser zu werden.
Genauso wichtig ist es aber auch, alle Fünfe gerade sein zu lassen.
Was können wir tun, um aus der Perfektionsmus-Falle auszubrechen?
- Alles beginnt in erster Linie damit, sich das Streben nach Perfektionismus bewusst zu machen.
- Daher schreibe Dir auf, welche Situationen es bei Dir sind. Frage hier auch gerne eine Vertrauensperson, in welchen Situationen Du perfektionistisch bist.
- Suche Dir danach eine Situation aus, die Du als erstes angehen möchtest. Es hat sich bewährt, den Anfang einer beginnenden Veränderung so einfach wie möglich zu gestalten. Daher suche Dir etwas aus, was möglichst leicht zu ändern ist.
- Überlege nun wertfrei, welche Möglichkeiten es gibt, anders mit dieser Situation umzugehen: Schreibe alles auf, was Dir einfällt, so absurd es vielleicht auch erst einmal klingen mag.
- Mach eine Pause und warte, ob Dir spontan noch weitere Ideen einfallen (wird sind kreativer, wenn wir uns Denkpausen gönnen).
- Überprüfe dann, welche Möglichkeiten für Dich in Frage kommen. Wichtig hierbei: verlasse Deine Komfortzone, aber überfordere Dich nicht!
- Wenn Du Dich für einen Weg entschieden hast, dann gehe diese Möglichkeit für ein paar Tage immer mal wieder gedanklich durch. So kannst Du Dich auf Eventualitäten besser einstellen und bekommst ein Bild davon, wie es Dir bei der Änderung Deiner Gewohnheit gehen könnte.
- Probiere bei der nächsten gewählten Situation aus, Dein Gedankenspiel in die Tat umzusetzen.
- Lass es im Anschluß Review passieren: Wie hat es geklappt? War er wie erwartet? Wie hast Du Dich dabei gefühlt? Bedenke, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist. Um eine Gewohnheit zu ändern, braucht es Zeit. Das, was wir uns über Jahre oder Jahrzehnte angeeignet haben, kann nicht über Nacht verschwinden.
Glaubenssätze, die uns helfen können
Wir können auch mit Glaubenssätzen arbeiten, die uns in der neuen Gewohnheit unterstützen sollen.
Beispiele:
- Ich darf Fehler machen, wie jeder andere auch.
- Aus Fehlern lerne ich dazu.
- Ich lasse heute alle 5e mal gerade sein.
- Ich lasse den Perfektionismus für die Situation XY los.
- Ich möchte mehr Zeit für mich, daher delegiere ich heute die Aufgabe XY.
Um für mehr Entspannung in Deinem Leben zu sorgen schau Dir gerne meine Entspannungsinsel an. Hier kannst Du Dir kurz und knackig eine Auszeit gönnen, die Dich danach wieder durchstarten lässt.
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